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Was ist ein photonischer integrierter Schaltkreis?

Ein photonischer integrierter Schaltkreis (Photonic Integrated Circuit, PIC), auch als Planar Lightwave Circuit (planarer Lichtwellenschaltkreis) oder integrierter optischer Schaltkreis bezeichnet, ist ein Mikrochip, der aus zwei oder mehr miteinander verbundenen Komponenten besteht, wodurch ein Kreislauf entsteht, der Licht erzeugt, transportiert, modifiziert oder misst. Während elektronische integrierte Schaltkreise Elektronen nutzen, verwenden PICs Photonen. Informationen in PICs werden als optische Lichtsignale mit Wellenlängen im sichtbaren oder infrarot-nahen Spektrum erzeugt, modifiziert und gemessen.

Fortschritte bei der Fertigung von PICs und der Bauteil-Design in PICs haben dafür gesorgt, dass photonische Geräte nicht nur zur Kommunikation, sondern auch in den Bereichen Biomedizin, Signalverarbeitung, Quantencomputer und in vielen Bereichen der Sensortechnik genutzt werden. Die Fortschritte bei Design, Simulation und Fertigung bedeuten eine kompaktere, schnellere und präzisere Technologie mit leistungsstärkeren Chips. 

Während elektronische integrierte Schaltkreise (Integrated Circuits, ICs) hauptsächlich Silizium verwenden, nutzen die meisten photonischen Chips eine Kombination aus elektro-optischen Kristallen wie Siliziumnitrid (SiN), Lithiumniobat, Galliumarsenid (GaAs) und Indiumphosphid (InP). Optische Komponenten auf Siliziumbasis können mithilfe der Standard-CMOS-Fertigung (Complementary Metal Oxide Semiconductor) hergestellt werden, die auch als Silizium-Photonik (SiPh) bezeichnet wird und Silizium-auf-Isolator-Werkstoffe verwendet. 

In photonischen Stromkreisen verwendete Komponenten

Die Schaltkreise, aus denen ein PIC besteht, variieren stark, je nach den Aufgaben, die ein konkretes Gerät benötigt. Ingenieur*innen ordnen photonische Komponenten zur Modifikation und Messung der Lichtsignale an, die durch den Stromkreis geleitet werden. Die Photonik-Integration auf einem einzigen Chip bietet leistungsstarke Lösungen in einem kleinen, energieeffizienten Gehäuse. Der Wert eines PIC steigt mit der Anzahl der Funktionen in einem einzelnen Chip, und daher steigen auch Stromkreiskomplexität und Komponentendichte. 

Jede Komponente kann im Allgemeinen als Quelle, Signalträger, Verstärker, Modulator oder Detektor klassifiziert werden. Sie können auch als passive oder aktive Komponenten gruppiert werden. Passive Komponenten haben keine elektrischen ein- oder Ausgänge, während aktive Bauelemente über elektrische ein- oder Ausgänge zur Modulation bzw. Erfassung von Photonen verfügen. Viele moderne Komponenten werden durch Kombination einfacher Komponenten hergestellt. 

Photonische E/A-Komponenten

Es gibt verschiedene Möglichkeiten für Ingenieur*innen, Licht in eine PIC zu bringen und in den Stromkreis einzuführen. Mit einem Gitterkoppler wird Licht senkrecht zum Chip eingeführt. Gitterkoppler bestehen aus einer periodischen Struktur, ähnlich einem Beugungsgitter, das in den photonischen Chip eingeätzt wird. Diese Koppler erfordern keine präzise Ausrichtung und können verwendet werden, um Licht aus verschiedenen Winkeln relativ zum Chip einzuführen. Alternativ kann Licht direkt in einen Wellenleiter eingeleitet werden, indem ein Glasfaserkabel direkt an den Chip angeschlossen wird, in der Regel an einer Kante durch einen Kanten- oder Direktkoppler. Dieser Ansatz erfordert eine präzise Ausrichtung und eine robuste Verbindung zwischen Lichtquelle und PIC.

Laser

Laserlichtquellen können als aktive Komponenten in eine PIC eingeführt werden. Auf Indiumphosphid basierende PICs können in Form einer Laserdiode in den photonischen Schaltkreis integriert werden. 

Wellenleiter

Wellenleiter stellen die Verbindung zwischen Komponenten in einem photonischen Stromkreis her. Sie sind verlustarme Komponenten, die das optische Signal durch das optische Netzwerk übertragen. Wellenleiter können planar, ein Steg oder ein Schlitz sein. Wellenleiter können optische Signale in einem großen Spektrum unterstützen.

Phasenmodulator/-verschieber

Eine häufige Funktion in einem photonischen Stromkreis ist die Modulation oder Verschiebung der Phase eines optischen Signals durch Änderung des Brechungsindex des Komponentenmaterials unter Verwendung eines elektrischen Signals. Modulation bei Silizium wird am häufigsten durch den Plasmadispergiereffekt erreicht, bei dem Änderungen der Dichte freier Träger durch elektrische Eingänge Änderungen des Brechungsindex induzieren und das Licht modulieren können. 

Kupplung und Splitter

Signale in einem photonischen Schaltkreis werden in einem Koppler kombiniert, der zwei oder mehr Eingangswellenleiter nutzt und das Signal zu einem einzigen Ausgang kombiniert, oder ein gemultiplextes Signal kann in separate Wellenleiter aufgeteilt werden, oft auf der Grundlage der Wellenlänge.

Ein gängiges Beispiel für die Aufteilung eines gemultiplexten Signals ist ein AWG (Arrayed Waveguide Grating). Es verwendet Gitter unterschiedlicher Länge, die in einem Array als Wellenlängenmultiplexer angeordnet sind und ein eingehendes gemultiplextes Signal in einzelne Wellenlängen aufteilen.

Filter

Interferometer-Strukturen, zum Beispiel ein Mach-Zehnder-Interferometer oder ein Mikro-Ring-Resonator, können verwendet werden, um bestimmte Wellenlängen zu blockieren oder zu passieren. Filter können als Bandpass- oder Kerbfilter klassifiziert werden. 

Optischer Verstärker

Eine häufige Anforderung in einem PIC ist die Verstärkung eines optischen Signals, ohne es zu ändern. Verschiedene Verstärkerkomponenten, einige elektrooptisch und einige rein optisch, werden verwendet, um die Lichtamplitude zu erhöhen. 

Fotodetektor

An einem bestimmten Punkt in einem Schaltungsdesign muss das in einem PIC übertragene und modifizierte optische Signal gemessen werden. Ein Photodetektor wandelt die Photonenenergie basierend auf dem photoelektrischen Effekt in ein elektrisches Signal um.  

Die Vorteile integrierter photonischer Schaltkreise

Integrierte photonische Schaltkreise bieten ähnliche Vorteile wie integrierte elektronische Schaltkreise. Sie bieten die Möglichkeit, mehrere diskrete photonische Komponenten auf einem einzigen Chip zu kombinieren, wodurch Größe, Effizienz und Leistung verbessert und gleichzeitig Kosten gesenkt und die industrielle Fertigung ermöglicht werden. Einige der wichtigsten Vorteile sind die folgenden:

  • Geringerer Strombedarf: Photonische Schaltkreise sind von Natur aus effizienter als elektronische Schaltkreise. Der Widerstand in elektrischen Schaltkreisen führt zu einer größeren Wärmeentwicklung und einem größeren Verlust der Signalstärke als bei PICs. 
  • Kostensenkung: PICs können die Kostenvorteile der Massenproduktion nutzen, indem sie standardmäßige Halbleiterfertigungstechnologien einschließlich der gemeinsamen Ressourcen von Fertigungsstätten nutzen. 
  • Reduzierte Größe: Wenn man PICs mit diskreter photonischer Technologie vergleicht, ermöglichen sie deutliche Platzeinsparungen bei photonischen Geräten. Dies ermöglicht Kostensenkungen und Größeneinsparungen bei Datenkommunikationsgeräten. Die Verwendung von PICs als Sensoren führt zu winzigen Geräten, die leicht in Ausrüstung oder Wearables integriert werden können. 
  • Integration: Die Möglichkeit, photonische integrierte Schaltkreise mit silikonbasierter Mikroelektronik zu kombinieren, ist einer ihrer größten Vorteile. Elektronische und photonische Schaltkreise können in demselben Einzelmikrochip kombiniert werden oder in fortschrittlichen optoelektronischen Gehäusen mithilfe fortschrittlicher Halbleiterverpackungstechnologie mit einander kombiniert werden. 
  • Zuverlässigkeit: Im Vergleich zu diskreter photonischer Technologie werden potenzielle Fehlermodi reduziert oder vollständig eliminiert, wenn die Komponenten in einen einzigen Chip integriert werden. Darüber hinaus kann die Präzision der Halbleiterfertigung Material- und Dimensionsvariabilität kontrollieren. 

Häufige Anwendungen für photonische integrierte Schaltkreise

Ingenieur*innen entwickeln ständig neue Anwendungen für photonische integrierte Schaltkreise. Die Fähigkeit dieser Schaltkreise, Daten in Lichtform zu generieren, zu modifizieren und zu lesen, sowie ihre geringe Größe machen sie ideal für eine große Bandbreite an Branchen, darunter Kommunikation, Computer, Sensorik und Datenverarbeitung. 

Einige der häufigsten Anwendungen sind die folgenden:

Optische Kommunikation

Die häufigste Verwendung von PICs liegt im Feld verschiedener Kommunikationsmethoden. Transceiver auf PIC-Basis verbinden Computer in Rechenzentren, Mobilfunkmasten oder sogar mehrere Fahrzeuge über Light Fidelity (Li-Fi.). PICs dienen als Verstärker und Multiplexer für die Datenübertragung in faseroptischen Hochgeschwindigkeits-Netzwerken oder zur Verbindung von Prozessoren in Hochleistungsrechnungsanwendungen. 

Lidar

Light detection and ranging (Lidar) ist eine Sensortechnologie, die mithilfe von Laserlichtimpulsen die Position von physischen Objekten abbildet. PICs sind entscheidend für die Erzeugung der spezifischen Lichtimpulse, die von einem Lidar-Sensor gesendet werden, und für die genaue Messung der zurückgesendeten Lichtsignaturen. Die Zunahme autonomer Fahrzeuge hat zur Einführung der Lidar-Technologie in großem Umfang geführt. 

Eigenschaftsmessung

Lichtsensoren, die PICs enthalten, können Temperatur, chemische Zusammensetzung, Position, Geschwindigkeit, Beschleunigung, Druck, Vibrationen und Oberflächenbeschaffenheit mit höchster Genauigkeit messen. Einige Sensoren verwenden Licht, um physikalische Eigenschaften zu messen, andere verwenden PICs mit Spektrometern. 

Lab-on-a-Chip

Die Integration optischer Komponenten auf einem Chip kann in der medizinischen Sensorik genutzt werden, um ein chemisches Labor in einem einzigen, winzigen Gehäuse zu miniaturisieren, das elektronische und photonische integrierte Schaltkreise enthält. Licht dient dazu, Messungen von Flüssigkeitsproben eines Patienten direkt am Point-of-Care-Standort vorzunehmen, anstatt die Probe zur Verarbeitung durch mehrere Diagnosegeräte an ein Labor zu senden. 

Quanteninformatik

Die Quanteninformatik nutzt das Quantenverhalten von Photonen, und PICs sind ein wichtiger Baustein dieser sich schnell entwickelnden Technologie. Photonische Schaltkreise sind erforderlich, um photonische Quantenzustände zu steuern und zu messen. Sie werden auch in Quantennetzwerken zwischen mehreren Quantencomputern oder zur Verbindung mit digitalen Computern verwendet. 

Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen (KI/ML)

Photonische integrierte Schaltkreise sind für das explosionsartige Wachstum von KI-Anwendungen mitverantwortlich. Die primäre aktuelle Anwendung ist die optische Kommunikation innerhalb oder zwischen Computern. Forscher*innen haben auch festgestellt, dass bestimmte KI-Algorithmen, insbesondere neuronale Netzwerke, gut für PICs geeignet sind. Sie nutzen darüber hinaus auch KI/ML, um PICs für den Einsatz in KI/ML-Anwendungen zu entwickeln, und so eine technologische „Aufwärtsdynamik“ zu erzeugen. 

Förderung der Konstruktion photonischer integrierter Schaltkreise mit Simulation

Photonische integrierte Schaltkreise sind komplex und erfordern exakte und detaillierte Vorgehensweise während des Designs. Das Verhalten von Photonen, die Interaktion von Photonen mit Materialien und die Änderung von Frequenz, Stärke und Phase eines Lichtsignals sind komplexe physikalische Vorgänge. Dementsprechend ist die Konstruktion von photonischen Schaltkreisen eine perfekte Umsetzung von Simulationen, was Ingenieur*innen hilft wichtige Designentscheidungen zu treffen und Leistung sowie Robustheit des Designs zu optimieren. 

Ingenieur*innen können zunächst eine Simulation auf Schaltkreisebene mit einem Tool wie der Software Ansys Lumerical INTERCONNECT durchführen. Ingenieur*innen können sowohl klassische als auch quantenphotonische integrierte Schaltkreise als Komponenten auslegen, Simulationen mit Eingangssignalen durchführen und das Signal an jedem Punkt im Modell betrachten. Die Software INTERCONNECT ist mit den Gerätebibliotheken führender Fertigungsstätten kompatibel. Die Software funktioniert mit marktführenden EDA-Tools (Electronic Design Automation, EDA) und Workflows, und die parametrische Natur macht die Durchführung statistischer Studien einfach.

Jede Komponente im Schaltkreis kann auch mithilfe von Tools wie der Software Ansys Lumerical FDTD und der Software Ansys Lumerical MODE simuliert und optimiert werden. Die Software FDTD ist ein elektromagnetischer Solver, der die Photonik von Komponenten genau als 3D-Objekte modelliert. Mit der Software MODE wird das detaillierte Verhalten von Wellenleitern und Kopplern erfasst. Sobald eine Konstruktion fertiggestellt ist, können die Ergebnisse in Kompakt-Modellbibliotheksdarstellungen in Standardformaten der Branche konvertiert werden, um sie in Tools auf Systemebene wie der Software INTERCONNECT zu verwenden. 

Ingenieur*innen müssen auch den Effekt von Wärmeerzeugung und Ladungstransport auf photonische Komponenten berücksichtigen. Sie können mit einem Tool wie der Software Ansys Lumerical Multiphysics messen, wie die Änderungen von Temperatur und Ladungsverteilungen zu einer Materialindexänderung in der Struktur führen und sich somit auf die photonische Leistung auswirken.

Zugehörige Ressourcen

Quantenoptik mit photonischen integrierten Schaltkreisen

In diesem Webinar stellen wir qINTERCONNECT vor, einen Solver zur Berechnung der Entwicklung von Quantenzuständen in photonischen Schaltkreisen.

Design und Optimierung von photonischen integrierten Schaltkreisen und Komponenten – Teil 1

Finden Sie heraus, wie Sie passive PIC-Komponenten mit Photonic Inverse Design (photonisch-inverses Design, PID) konstruieren. Wir erstellen einen Gitterkoppler mit FDTD und PID.

Design und Optimierung von photonischen integrierten Schaltkreisen und Komponenten – Teil 2

Finden Sie in diesem Webinar heraus, wie mit der Suite Ansys Lumerical Multiphysics und optiSLang aktive photonische Komponenten entworfen werden.